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Drei myrmekochore Regenwaldkräuter (Globba, Zingiberaceae)

Martin Pfeiffer (a), Jamili Nais (b) and K. Eduard Linsenmair (c)
(a) University of Ulm, Abteilung für experimentelle Ökologie (Bio III), Albert-Einstein Allee 11, 89069 Ulm, Germany
(b) Sabah Parks Board, Malaysia, Kinabalu Conservation Centre, P O Box 10626, 88806 Kota Kinabalu, Sabah, Malaysia
(c) University of Würzburg, Institut für Tierökologie und tropische Biologie, Am Hubland, 97074 Würzburg, Germany

Einleitung
Die altweltlichen Tropen umfassen eine der reichsten floristischen Zonen der Erde und einige der "Hot Spots" der Ameisenvielfalt. Dies hat eine Vielzahl von ökologischen Interaktionen zwischen beiden Gruppen zur Folge. Eines dieser Phänomene ist die Myrmekochorie, die Verbreitung von Pflanzensamen durch Ameisen. Sie ist auch aus den Wäldern der temperaten Breiten gut bekannt, wo der Anteil der ameisenverbreiteten Pflanzen bei bis zu 30 Prozent liegt (so werden u.a. viele Frühjahrsblüher durch Ameisen ausgebreitet). Weltweit werden zumindest 67 Pflanzenfamilien von Ameisen verbreitet. Beattie (1), der 1983 die Erkenntnisse zur Verbreitung myrmekochorer Pflanzen zusammenfasste, vermutete, dass der Artreichtum und die Abundanz von Myrmekochoren und der sie verbreitenden Ameisen mit abnehmenden Breitengrad zunähme und sagte eine größere Vielfalt von Mechanismen der Ameisenverbreitung in den Tropen voraus, die besonders durch arme Böden gefördert werde. Jedoch wurden bisher nur wenige tropische Myrmekochoren beschrieben (2), besonders wenige in den Altwelttropen (3). In der nächsten Ausgabe des Journal of Tropical Ecology werden wir über die Myrmekochorie eines Malaysischen Regenwaldkrautes (4) berichten. Hier präsentieren wir eine kurze Zusammenfassung und zusätzliches Material, insbesondere Photographien von Ameisen, Pflanzen und Samen.

Material und Methoden
Globba -Arten, sind Pflanzen des schattigen Primärregenwaldes, die an feuchten Plätzen entlang von Flüssen und Wasserfällen wachsen. Die schlanken Pflanzen sind bis zu einen Meter hoch und haben kleine, gelbe, weiße oder violette Blütenstände, die oft herab hängen (5). In einigen Arten ersetzen Bulbillen die Blüten ( z.B. bei Globba marantina), in anderen Fällen werden Bulbillen oder vegetative Miniatursprosse zusätzlich am Ende des Blütenstandes produziert. Unter den Ingwergewächsen der Halbinsel Malaysias sind die Globbeae ein weniger diverser Zweig mit nur 15 Arten (6).

Wir untersuchten drei Arten: Globba franciscii, G. propinqua and G. pendula. Die Samen ( ca. 33 in G. franciscii) sind innerhalb einer Samenkapsel. Da sich mehrere solcher Kapseln an einer Pflanze befinden können während sie noch blüht, fruchtet sie mehr oder minder kontinuierlich. Wenn die Früchte reif sind, platzt die Kapsel auf und präsentiert die Samen. Wie in den Zingiberaceaeen üblich, haben die Samen der untersuchten Globbeae einen Arrillus, einen fleischigen Anhang, der den Samen teilweise umgibt und der mit der Samenhaut im Bereich der micropylaren Region verbunden ist (7). Zellen des Arrillus sind üblicherweise fettreich und enthalten Proteine, Stärkekörner und Polysaccharide (6). Im Fall der Globba-Arten formt der fleischige Arillus ein langes, lappiges Elaiosom (Ameisenfrucht), das den Ameisen als Nahrung dient und ihnen ein leichtes "Handling" der Samen erlaubt.

Unsere Feldarbeit fand im Kinabalu National Park und im Tawau Hills Park statt, beide in Sabah, Malaysia gelegen. Während der Experimente wurden jeweils 10 Samen der untersuchten Globbeae auf einem kleinen hölzernen Tablett (10 x 10 cm) präsentiert, das willkürlich auf den Waldboden gestellt wurde (Abb. 5). Um baumbewohnende Arten zu untersuchen, wurde das Tablett an Plätzen präsentiert, wo die Straßen dieser Ameisen den Boden berührten. Das Verhalten der Ameisen zu den Samen wurde beobachtet und die Verbreitungsdistanz und die Anzahl der innerhalb einer Stunde verschleppten Samen wurde notiert.

Ergebnisse
In unser Studie fanden wir 23 Ameisenarten aus 12 Gattungen und 4 Unterfamilien die an den Arillen der untersuchten Globba-Arten fraßen (siehe 4). Diese Ameisenarten umfassten karnivore Gruppen wie die Ponerinen, aber auch Formicinen, Dolichoderinen und Myrmicinen. Nur eine Art, Polyrhachis sp., eine weit verbreitete arboreale Ameisenart, wurde dabei beobachtet, wie sie Samen direkt aus einer aufgeplatzen Kapsel entfernte. Die Verbreitungsdistanzen, die die Pflanzensamen durch den Transport mit dieser Ameisenart erzielten, waren besonders lang und erreichten mehr als 800 cm. Andere Formicinenarten, die wir beim Samentransport beobachteten, waren Camponotus und Oecophylla.



Diskussion
Hier zeigen wir - zum ersten Mal- daß Myrmekochorie einer der Mechanismen bei der Samenverbreitung der Zingiberaceae ist. Diese Resultate werden durch zahlreiche Beobachtungen der Verbreitung anderer Ingwer-Arten bestätigt (Pfeiffer, unveröffentlichte Daten). So bestätigen wir die These, dass die Verbreitung durch Ameisen auch in den altweltlichen Tropen ein potentieller Mechanismus der Samenverbreitung ist. Allerdings sind viele der von uns beobachteten Ameisenarten auch körnerfressend und ernähren sich von Pflanzensamen, werden also möglicherweise die Pflanzenverbreitung negativ beeinflussen. Kaspari (8) fand mehr als 40 Arten von Ernteameisen in den Wäldern von Costa Rica und unsere unveröffentlichten Studien zeigen ungefähr 90 samenfressende Arten in der Laubschicht der Wälder von Borneo. Der starke Einfluß granivorer Ameisenarten könnte also möglicherweise gegen die Myrmekochorie als Verbreitungsmechanismen in tropischen Wäldern wirken.

Danksagung
Wir danken der Economic Planning Unit (EPU, Malaysia) für eine Forschungserlaubnis und SABAH PARKS für die Bereitstellung logistischer Unterstützung. Wir danken auch Alim Biun, SABAH PARKS für die Bestimmung der Pflanzen.

Literature
  1. Beattie AJ Distribution of ant-dispersed plants in Sonderbände naturwissenschaftlicher Verhandlungen, Vol. 7, 249-270 (Hamburg, 1983)
  2. Horvitz CC (1981) Analysis of how ant behaviors affect germination in a tropical myrmecochore Calathea microcephala (P. & E) Koernicke (Marantaceae): microsite selection and aril removal by neotropical ants, Odontomachus, Pachycondyla, and Solenopsis (Formicidae). Oecologia 51, 47-52
  3. Kaufmann E, Weissflog A, Hashim R & Maschwitz U (2001) Ant-Gardens on the giant bamboo Gigantochloa scortechinii (Poaceae) in West-Malaysia. Insectes Sociaux 48, 125-133
  4. Pfeiffer M, Nais J, Linsenmair K (2004) Myrmecochory in the Zingiberaceae:
    Seed dispersal of Globba franciscii and G. propinqua by ants (Hymenoptera - Formicidae) in rain forests on Borneo. Journal of Tropical Ecology 20: 705-708 PDF
  5. Weber, A (1995) The Malayan species of Globba. Nature Malaysiana December 1995, 114-121
  6. Larsen K, Ibrahim H, Khaw SH & Saw LG (1999) Gingers of Peninsular Malaysia and Singapore (ed. Wong, K. M.) (Natural History Publications (Borneo), Kota Kinabalu
  7. Liao, JP & Wu QG (2000) A preliminary study of the seed anatomy of Zingiberaceae. Botanical-Journal-of-the-Linnean-Society. Sept.-Oct., 2000; 134, 287-300
  8. Kaspari M (1996) Worker size and seed size selection by harvester ants in a neotropical forest. Oecologia 105, 397-404
  9. Pfeiffer M and Linsenmair K.E. (submitted) Seed harvesting ant ensembles (Hymenoptera: Formicinae) in three primary rain forests on Borneo: diversity patterns, community organisation and seed size selection. Insectes Sociaux.
Figures
Fig. 1 Globba franciscii, eine Pflanze der schattigen Regenwälder Borneos

Fig. 2 Eine reife Frucht von Globba franciscii.

Fig. 3 Eine aufgebrochene Fruchtkapsel von G. propinqua mit großen Elaiosomen.

Fig. 4 Eine Arbeiterin von Polyrhachis sp. erntet einen Samen von Globba propinqua.

Fig. 5 Arbeiterinnen von Colobopsis sp. 1 fressen am Elaiosom von G. pendula.

Fig. 6 Arbeiterinnen von Oecophylla smaragdina tragen einen Samen von G. franciscii.

 

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