Trophobiosen zwischen Ameisen und Pflanzensaugern (PDF)
von Dirk Mezger, Universität Ulm
Ameisen sind bei weitem die dominantesten Gliedertiere in
tropischen Regenwäldern in Hinblick auf Biomasse und Häufigkeit. Dadurch steuern
sie ökologische Schlüsselfunktionen in ihrem Lebensraum (Beattie, 1985; Davidson
1997). Die meisten von ihnen ernähren sich omnivor, da für eine rein räuberische
Lebensweise zu wenig Beute vorhanden wäre. Viele Ameisen besuchen Trophobiosen
mit Pflanzensaugern (Hemiptera) Dabei sammeln sie den Honigtau, das heißt
die zucker- und aminosäurehaltigen Ausscheidungen dieser Insekten. Dies geschieht
zum Vorteil beider Partner, da die Hemipteren vor Räubern und Parasitoiden
geschützt werden, und die Gefahr von Pilzinfektionen von Pflanzensaugern wird
geringer, wenn die zuckerhaltigen Ausscheidungen von den Ameisen entfernt
werden. Auch die Pflanzen können davon profitieren, wenn die Ameisen Pflanzen
fressende Insekten vertreiben.
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Abb. 1 Randwanze (Coreinae) zusammen mit Crematogaster modiglianii
auf Kletterbambus (Dinochloa trichogona) |
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Abb. 2 Kleinzikaden (Delphacidae) mit Lophomyrmex cf. bedoti
assoziiert auf Kletterbambus (D. trichogona) |
Die Regenwälder der Insel Borneo sind äußerst artenreich
und diese Assoziationen machen da keine Ausnahme. Auf wenigen Quadratkilometern
ursprünglichen Regenwaldes in Danum Valley und angeschlossener Flächen mit
niederer Sekundärvegetation wurden 57 Ameisenarten zusammen mit 61 Arten an
Pflanzensaugern gefunden (Blüthgen et al, 2006).
Im Unterwuchs dieser Regenwälder tritt eine Art von Kletterbambus (
Dinochloa
trichogona) besonders häufig. Auf diesem wird ein Drittel aller im Unterwuchs
gefundenen Trophobiosen nachgewiesen (Mezger & Blüthgen in prep.). Auf
dieser Pflanze sind die Hemipteren besonders formenreich, neben Schildläusen,
Woll-Läusen können Kleinzikaden (Delphacidae, Abb. 2) und Randwanzen (Abb.
1) gefunden werden. Auf keiner anderen Pflanzenart kann eine derart vielfältige
Gemeinschaft an Pflanzensaft saugenden Insekten gefunden werden. Diese wird
von mehr als 25 verschiedenen Ameisenarten besucht, von kleinen Myrmicinen
wie
Lophomyrmex und
Crematogaster (
Orthocrema),
Camponotus arrogans und
Crematogaster modiglianii
zu verschiedenen
Dolichoderus Arten. Nachts klettert manchmal die
große Art
Camponotus gigas auf die Bambushalme, um Honigtau von Notobitus,
einer großen Randwanze zu bekommen.
Kletterpflanzen wie
Spatholobus sind ebenso wichtige
Wirtspflanzen für diese Pflanzensauger. Verschiedene Kleinzikdadenarten (Cicadellidae)
und Buckelzirpen (Membracidae) sind auf diesen Pflanzen zu finden. In manchen
Fällen wird diese gleichzeitig von
Crematogaster modiglianii und
Camponotus rufifemur besucht. Diese beiden Ameisenarten leben zusammen
in einer Parabiose (Menzel et al. in prep.) Das bedeutet, dass diese Arten
zusammen ein gemeinsames Nest benutzen.
Auf Setzlingen großer Urwaldbäume wie
Parashorea
(Dipterocarpaceae) können ebenfalls öfter Trophobiosen angetroffen werden
(Abb. 3). Für diese Setzlinge sind derartige Trophobiosen unter Umständen
besonders wichtig, da diese relativ anfällig gegen Pflanzenfressenden Insekten
sein dürften, gegen welche sie von den Ameisen geschützt wurden.
Die meisten dieser Trophobiosen befinden
sich im Kronenbereich der Urwaldriesen, doch dort lassen sie sich nur
mit aufwendigen Hilfsmitteln beobachten. Große Ameisenstraßen, welche
die Stämme hinaufführen, können daraufhin deuten, dass sich im Kronenraum
große Mengen an Honigtau produzierenden Insekten befinden. |
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Abb. 3 Larvenstadien einer unbestimmten Kleinzikade zusammen mit Lophomyrmex
cf. bedoti auf einem Parashoreo Setzling |
Einige dieser Hemipteren leben auch innerhalb von Ameisennestern.
(Weißflog 2001). Diese Ameisen wie manche
Camponotus-Arten (
C.
Karavaievia-Gruppe),
Polyrhachis oder
Monomorium, bauen
aus Seide ihrer Larven und Pflanzenpartikeln Nester auf Blattunterseiten.
Dadurch erhalten die darin lebenden Schildläuse, maximalen Schutz und die
Honigtau-Ressourcen sind vor konkurrierenden Ameisen geschützt. Manche Ameisen,
welche in hohlen Stängeln lebender Pflanzen ihre Nester haben, halten ihre
Schildläuse innerhalb dieser Stängel.
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Dolichoderus Wanderhirten
kommen nur in Südost-Asien vor. Diese Ameisen haben eine sehr enge Verbindung
mit ihren Woll-Lauspartnern aus der Gruppe der Allomyrmococini (Dill
et al. 2002). Die Woll-Läuse werden von diesen Ameisen kontinuierlich
bewacht, nachts in das Biwak-Nest der Ameisen getragen und zu frischen
Wirtsplanzen getragen. Hierfür kommt ein breites Spektrum an Pflanzen
aus den verschiedensten taxonomischen Gruppen in Frage, inklusiv des
oben erwähnten Kletterbambus (Abb. 4). |
Abb. 4 Dolichderus maschwitzi (Wanderhirten) zusammen mit Promyrmococcus
auf D. trichogona |
Wenn man nun den Wald verlässt und seinen Blick auf Flächen
mit niedriger Sekundärvegetation wirf, trifft man auf eine geringere Vielfalt
an Hemipteren. Viele derartige Flächen sind mit dem aus Mittelamerika stammenden,
krautigen Gewächs
Chromolema odoratum bedeckt. Nur zwei Blattlausarten
(
Aphis spinocola and
A. gossypi), und manchmal eine Woll-
oder Schildlaus sind auf dieser invasiven Pflanze anzutreffen. Wenn sich diese
Flächen nicht zu weit von Wald entfernt befinden, besuchen eine ganze Reihe
Ameisen aus allen Unterfamilien diese Trophobiosen. Sind allerdings aggressive
invasive Ameisen wie
Anoplolepis longipes an derartigen Stellen anzutreffen,
ist kaum eine andere native Ameisenart neben diesen anzutreffen.
Literature
Beattie AJ (1985) The evolutionary ecology of ant-plant mutualisms. Cambridge University Press, New York. 182 pp
Blüthgen N, Mezger D, Linsenmair KE (2006) Ant-hemipteran trophobioses in a Bornean rainforest -diversity, specificity
and monopolisation. Insectes Sociaux, in press
Davidson DW (1997) The role of resource imbalances in the evolutionary ecology of tropical arboreal ants.
Biol. J. Linn. Soc. 61: 153-181
Dill M, Williams DJ, Maschwitz U (2002) Herdsmen ants and their mealybug partners. Abh. Senckenberg. Naturforsch.
Ges. 557: 1-373
Maschwitz U, Hänel H. (1985) The migrating herdsman Dolichoderus (Diabolus) cuspidatus:
an ant with a novel mode of life. Behav. Ecol. Sociobiol. 17: 171-184
Weißflog A (2001) Freinestbau von Ameisen (Hymenoptera: Formicidae) in der Kronenregion feuchttropischer Wälder Südostasiens.
Dissertation. University of Frankfurt, Frankfurt/Main, Germany
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