Herr Dr. Jürgen Hoppe ist einer der Gründer von SysTax, einer der Datenprovider für GBIF, die Global Biodiversity Information Facility. GBIF ist zuständig für den weltweiten freien Austausch von Biodiversitätsdaten. SysTax gehört zu den größten deutschen Biodiversitäts-Datenbanksystemen und wird von der Universität Ulm aus verwaltet, nur wenige Meter von der Redaktion von www.antbase.net entfernt. Und weil SysTax auch der Datenprovider für www.antbase.net ist, war es Zeit für ein Interview mit Dr. Jürgen Hoppe, der am Institut für Systematische Botanik und Ökologie der Universität Ulm arbeitet.
AntBase: Dr. Hoppe, SysTax wird seit 19 Jahren an der Universität Ulm entwickelt und als leistungsfähiges, zentrales Datenbanksystem für Botanik und Zoologie betrieben. Wie viele Datensätze haben Sie in ihrer Datenbank?
Dr. Hoppe: Derzeit sind 474.000 Datensätze in SysTax zu finden, 45.000 aus Herbarien, 196 aus botanischen Gärten und 232.000 aus zoologischen Sammlungen, damit ist SysTax in Deutschland zurzeit noch GBIFs größter Lieferant für Sammlungsdaten.
AntBase: Nur Sammlungsdaten?
Dr. Hoppe: .Daten aus naturhistorischen Sammlungen, im Gegensatz zu Beobachtungsdaten, die auch an GBIF geliefert werden, also z.B. von Vogelwarten und Biotopkartierungen. So liefert das Bundesamt für Naturschutz an GBIF die Daten der Floristischen Kartierung von Deutschland, das sind Beobachtungen - im Gegensatz zu den Sammlungsdaten aus Museen und Herbarien oder Botanischen Gärten, die unter anderem wir liefern.
AntBase: Wozu werden die Daten von GBIF verwendet?
Dr. Hoppe: Ziel von GBIF, wie auch von SysTax, ist es Biodiversitätsdaten weltweit zur freien Verfügung zu stellen. Das erleichtert die Suche nach Sammlungsobjekten in Museen, genauso wie die Kartierung von Artverbreitungsdaten. In Bezug auf die gegenwärtige Bedrohung der Biodiversität sind diese Daten besonders wertvoll. Und die Daten von www.antbase.net gehören dazu.
AntBase: Und SysTax sammelt solche Daten bereits seit fast 20 Jahren?
Dr. Hoppe: Vor 19 Jahren hatte Prof. Thomas Stützel, jetzt an der Ruhr-Universität in Bochum, die Idee eine Datenbank für Pflanzensystematik zu entwickeln. Er stellte bei der DFG einen Antrag und entwickelte die Datenbank, zunächst für die Eriocaulaceae, eine tropische Pflanzenfamilie. Diese Datenbank habe ich dann in Ulm weitergeführt, gemeinsam mit Prof. Franz Schweiggert vom Institut für Angewandte Informationsverarbeitung und Prof. Dieter Waloßek von der AG Biosystematische Dokumentation. 1989 wurde die erste Diplomarbeit zu SysTax vergeben, im Bereich der Wirtschaftsmathematik, die hatten die nötigen Kenntnisse in Informatik. Seit dieser Zeit wurde SysTax als zentrale Datenbank für die botanischen Gärten Deutschlands entwickelt, später kamen durch weitere Projekte mehr und mehr Aufgaben dazu.
AntBase: Was ist denn das Besondere an SysTax?
Dr. Hoppe: SysTax umfasst in seinen Funktionen alle Bereiche, die für die systematisch-taxonomische Forschungsarbeit in Zoologie und Botanik nötig sind. Es ist ein zentrales, integriertes biologisches Datenbanksystem, das die parallele Nutzung durch multiple Nutzer und Institutionen ermöglicht. Als konzeptbasiertes System kann SysTax unbegrenzt viele Auffassungen zur systematischen Stellung eines Taxons speichern und ermöglicht so eine Nutzung der Datenbank auch für taxonomische Revisionen. Außerdem können beliebige Multimediadateien gespeichert werden. Letztendlich kann SysTax wesentlich mehr als von GBIF gefordert wurde, daher wurden wir Datenprovider für drei der 7 deutschen GBIF Knoten (Evertebraten I u. II, Vertebrata), sowie für die Daten der botanischen Gärten. Als zentrales System verwalten wir die Daten aus verschiedenen nationalen Einrichtungen, die alle über uns abgefragt werden können. Diese Daten werden an GBIF geliefert.
AntBase: Kann man über SysTax auch Daten aus GBIF abfragen?
Dr. Hoppe: SysTax betreibt auch ein deutsches GBIF-Portal mit den Sammlungsdaten aller deutschen Provider mit derzeit 1082000 Datensätzen. Außerdem liefert SysTax Daten in das BIG-Portal (Bundesinformationssystem Genetischer Ressourcen) und nach BioCASE (Biological Collection Access Service for Europe), um nur einige Datenportale zu nennen. Weitere Themenportale sind jederzeit möglich.
AntBase: . z.B. ein Ameisenportal.?
Dr. Hoppe: Das können wir mit SysTax realisieren, zum Beispiel kann man schon jetzt die Daten der Australien National Insect Collection bei uns abfragen. Dazu ist GBIF ja da, die Daten auch wieder den Anwendern zur Verfügung zu stellen. Allerdings müssen dabei die unterschiedlichen Protokolle in den GBIF Vertragsstaaten berücksichtigt werden, so mussten in diesem Fall die Daten aus dem australischen TAPIR Protokoll anstatt aus dem europäischen ABCD Schema ausgelesen werden.
AntBase: Was sind die Ziele von SysTax für die nächste Zeit?
Dr. Hoppe: Wir wollen SysTax weiterentwickeln und seine Nutzbarkeit verbessern. Dazu gehören eine Erneuerung der Benutzeroberfläche und ein Umzug der Datenbank in das Kommunikations- und Informationszentrum der Universität Ulm. Zudem wollen wir die Datenbank in Richtung "digitale Bibliothek" erweitern, dazu ist eine Kooperation mit den Bibliotheksverbänden angestrebt. Ziel ist es taxonomische Erstbeschreibungen in einem Repositorium zu indizieren. All das dient der Schaffung einer virtuellen Forschungsumgebung für taxonomisch interessierte Wissenschaftler. Pilotprojekte, wie unsere Zusammenarbeit mit www.antbase.net, führen zur Weiterentwicklung der Datenbank und zur Erprobung neuer Anwendungen.
AntBase: Herr Dr. Hoppe, wir danken Ihnen für das Gespräch.
©2009. Martin Pfeiffer. University of Ulm.
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Experimental Ecology.